Neues aus dem Rathaus

Pfungstadts Naturschutzprojekt "RWE-Trasse"


Die RWE-Trasse, eine lange Schneise im Pfungstädter Wald, entstand aus der Notwendigkeit heraus unter der Hochspannungsleitung in der Klingsackertanne einen Korridor waldfrei zu halten. Dazu wurde die Trasse früher regelmäßig gemäht und eher zufällig entwickelten sich dort ein artenreicher Sandtrocken- und Steppenrasen. Mit der Modernisierung der Strommasten entfiel jedoch die Notwendigkeit die Trasse zu mähen und es setzte eine langsame Waldsukzession ein, die seltenen Sand- und Trockenrasen waren bedroht.

Heute wird die RWE-Trasse mit Schafen beweidet. Schafe sorgen für eine offene, abwechslungsreiche Landschaft und transportieren über Kot und Fell, Samen und Sporen und tragen so zur Verbreitung vieler Pflanzenarten bei. Das üppige Blütenangebot der artenreichen Vegetation und die offenen Sandflächen bieten vielen Insekten Lebensraum und Nahrung. Den Insekten folgen die, die sich von ihnen ernähren. Zahlreiche Vogel- und Fledermausarten jagen über den Flächen, Reptilien finden Nahrungs- und Fortpflanzungsstätten.

Kalk-Sanddünen

Unmittelbar nach der letzten Eiszeit, in einer vegetationsarmen Landschaft, wurden große Mengen Sand aus dem Schottergeschiebe des Rheins verweht. Aus diesem Sand entstanden Dünenfelder entlang der Ausläufer des Odenwalds bis ins südliche Rhein-Main-Gebiet. Heute gibt es nur noch  Reste dieser Binnendünen, die mit ihrem nährstoffarmen, trocken warmen Mikroklima Lebensraum für seltene, oft hochspezialisierte Tier und Pflanzenarten bieten. Diese eiszeitlichen, basischen Kalksande findet man heute völlig unberührt in Tiefen von 2 und mehr Metern als "Tiefensand".  Tiefbaustellen im Raum Darmstadt lieferten das Material für den Bau neuer Flugsanddünen auf der RWE-Trasse.

Sand-Silberscharte und Wilder Lein

Diese trockenen Sand- und Magerrasen bieten selten, konkurrenzschwachen Arten eine Heimat. Zum Beispiel findet sich hier die sogenannte Sand-Silberscharte (Jurinea Cyanoides). Sie gilt als ausgesprochener Trockenspezialist und ist an sommerwarme, kalkhaltige Sandböden gebunden. Die Art besiedelt lückige Sandrasen, lichte Sandkiefern- und Trockenwälder und Binnendünen. In Deutschland ist sie geschützt und findet sich auch im Anhang IV der europäischen FFH-Richtlinie.

In Deutschland selten geworden, blüht hier der Ausdauernde Lein (Linum Perenne) ab Mai/Juni und bildet zur Zeit einen kleinen aber stabilen Bestand. Dieser Bestand wird als einer der größten Deutschlands angesehen und soll in den nächsten Jahren durch viele kleine Maßnahmen gefördert, und im Gebiet verbreitet werden. Aktuell werden am nördlichen Ende der Trasse Fällarbeiten durchgeführt. Hierbei werden zuerst Versuchsanpflanzungen von nichtheimischen Baumbestände gerodet und die entstandene Freifläche mit Kalksanden überlagert. Durch die Umbaumaßnahmen kommt es übergangsweise zu Einschränkung bei der Nutzung der Waldwege.